DESI

"Halt nicht fest"

Released 25.6.2021

DESI , Foto: Daniel Matousek, 2021 Die UEFA erwägt Ermittlungen gegen Manuel Neuer – wegen einer Regenbogen-Binde. Fallengelassen. Ein paar Tage später zeigt der Verband, wie wichtig ihm die Verteidigung von Menschenrechten tatsächlich ist. Fußballstadien in Regenbogenfarben zu beleuchten ist dann wohl doch zu viel. So deprimierend derartige Aktionen im Jahr 2021 sein mögen, die Stimmen gegen derartige Ungleichbehandlung werden immer lauter.

Es ist wohl eher dem Zufall zuzuschreiben, aber passender hätte Desi – ehemals Desiree Klaeukens – den Release-Termin ihrer neuen Single „Halt nicht fest“ inklusive Video nicht legen können. Indierock in der reinsten Form. Gitarren allen Ecken und Enden. Typisch hetero? Nope. Es geht um eine lesbische Beziehung. Und der Track stellt klar, dass Trennungsschmerz nicht immer von einem Mann über eine Frau oder andersrum besungen werden muss. Natürlich nicht der erste Track, der dieses Thema behandelt. Aber ein weiteres wichtiges Beispiel, dass sicher Vorbild sein kann. Zur Orientierung dient. Das Gefühl gibt, dass jede*r lieben darf wen er*sie möchte. Starker Text, cooles Video – das möchte man bestimmten Menschen gerne direkt weiterleiten.

Seit ihrem Debütalbum „Wenn die Nacht den Tag verdeckt“ war Desi unter ihrem bürgerlichen Namen Desiree Klaeukens unterwegs. 2021 ist es Zeit für eine Veränderung. Ab nun also Desi. Der Name, mit dem sie Freund*innen eigentlich schon immer rufen. Für das Video zur ersten Single arbeitete Desi mit Haik Büchsenschuss zusammen. Der Video-Produzent setzt Desi und Schauspielerin Lana Cooper dabei derart in Szene, dass man glaubt erahnen zu können, was die Beziehung der beiden schon durchgemacht hat. Angesichts solcher Videos und des wirklich soliden Tracks dürfen Indie-Fans sich außerdem über die Ankündigung freuen, dass ein ganzes Album bereits in Planung ist.

Text: Felix Mossmeier, 25. Juni 2021, Quelle

Desiree Klaeukens

"Wenn die Nacht den Tag verdeckt"

(Release: 31.01.2014)

Der Wagen steht quer auf der Autobahn, der Schlüssel steckt. Desiree Klaeukens kniet daneben und sagt: "Ich hab sie alle erwischt, glaube ich, wenn nicht, du hast ja meine Nummer." Dann schiebt sie den Holzpflock unter den schwarzen Mantel, wischt sich den Schweiß von der Stirn, zieht die Mütze drüber und fährt nach Hause. Auf dem Rücksitz die verschrammte Gitarre, die Waffe, wenn sonst nichts hilft.

Daheim schiebt sie den Riegel vor, kocht Wasser, wirft ein paar Scheite nach, setzt sich auf eine Teekiste und singt für sich selbst: "Der Wolf war ein Hund und alles, was krank war, wird wieder gesund."

Ich steh immer noch draußen im Niemandsland. Es wird Nacht. In der Ferne leuchtet das Bayer-Kreuz. Ich hab Desis Lieder bei mir. "Was ich jetzt denke, willst du wissen. Was ich weiß, verrate ich nicht." Dabei hat sie viel, sehr schnell fast alles verraten, als wir zusammen unterwegs waren.

Dass sie damals unweit von hier Autos zusammengeschraubt und nach sieben Jahren den Goldklumpen gegen eine Gitarre getauscht hat. Wie sie später Post ausfuhr, während Neil Young ihr vorsang: "I gotta get away from this day-to-day running around. Everybody knows this is nowhere." Wie sie beschloss, nur noch Musik zu machen. Wie sie mit Bob Dylan, Nick Drake, Leonard Cohen, James Taylor, Carole King, Joni Mitchell und all den anderen die alte weite Welt vom Laurel Canyon bis nach Nebraska an sich vorbeiziehen ließ und fieberhaft Logbuch schrieb. Wie sie auf den Schultern ebenjener Riesen stehend, ihre eigene Stimme fand, die ihr niemand mehr wegnehmen kann. Wie sie Florian Glässing kennenlernte, der mitgejagt, mitgeschrieben und auch auf "Wenn die Nacht den Tag verdeckt" mitgesungen hat.

Und wie sie schließlich mit diesem Debüt, das sie in Hamburg unter den wachen Augen ihres größten Fans Niels Frevert und mit einer Band, die atemberaubend schön fast nichts spielt, aufnahm, ein neues Haus im Land der Lieder gebaut hat. Neu, weil ernster in der Verzweiflung und klarer in der Hoffnung. Keine Vorhänge, nur Licht. Keine Heizung, nur Feuer.
Wer im Video zu "Warm in meinem Herz" ihr Zimmer sieht, erkennt darin keinen Gegenstand, der nicht dazu dient, ein Lied zu schreiben. Wenn ich Desiree Klaeukens und ihre Musik mit einem Wort beschreiben sollte, würde ich sagen – es klingt vielleicht doof, aber – krass! Vielleicht hat das was mit ihren vielen Leben zu tun. In "Fallen", einem meiner Lieblingssongs auf der Platte, singt sie: "Ich bin längst fort und du kommst nicht hinterher."

Ich laufe am Ortsschild von Leverkusen vorbei. Den ganzen Weg ist mir ein Hund gefolgt. Ich hab ja ihre Nummer.    

Francesco Wilking

FOTOS

 

 

(C) Daniel Matousek, 2021

(C) Mayra Wallraff, Berlin, 2015

(C) Miguel Lopez Berlin, Kohlenquelle 2014

(C) Nancy Eichler, 2019

REVIEWS

 

 

Wieder Zeit für Gefühle
taz, 15.02.2014

Abgehört: Die wichtigste Musik der Woche
spiegel.de, 14.02.2014

Newcomerin des Monats: Desiree Klaeukens
n-joy.de, 04.02.2014

Die Neue Einfachheit
joinmusic.com, 31.01.2014

Die Melancholie als ständiger Begleiter
laut.de, 31.01.2014

VIDEOS

 

 


DESI - Halt nicht fest (Official Video)
2021


Desiree Klaeukens - Kompliziert
2020


Desiree Klaeukens - Zwischenraum
2019


Desiree Klaeukens - Es ist nicht immer der Sex
2014


Desiree Klaeukens - Kompliziert
2014


Desiree Klaeukens - Warm in meinem Herz
2013

VEROEFFENTLICHUNGEN

 

 


Wenn die Nacht den Tag verdeckt
Debütalbum, 2014


Warm in meinem Herz
EP, 2013


Grosse Pause (Unter meinem Bett 1, Oetinger Verlag)
SP, 2015